Aktueller Stand und Aktivitäten der DGVS

Der Mangel an qualifizierten Fachkräften und der enge ökonomische Rahmen erzwingen Veränderungen im stationären Gesundheitswesen und in der ambulanten Gesundheitsversorgung. Gleichzeitig nimmt Deutschland in Bezug auf die Qualität der Versorgung trotz der hohen Mittelaufwendungen im europäischen Vergleich nicht die Rolle ein, die wir uns alle wünschen. Während beim „Warum“ weitgehend Einigkeit besteht, wird das „Wie“ intensiv diskutiert. Die DGVS begleitet diesen Prozess aktiv und wir möchten Sie an dieser Stelle über den aktuellen Stand und unsere Aktivitäten informieren.

Krankenhausstrukturreform

In den letzten Wochen sind zwei wichtige Gesetzentwürfe des BMG im Prozess der Gesetzgebung angekommen: Ein Entwurf (‚Formulierungshilfe‘) zum Krankenhaustransparenzgesetz liegt vor und ist bereits im Kabinett beschlossen und im Bundestag in erster Lesung am 21.09.2023 vorgestellt worden. Im Kern geht es um die Einführung eines § 135d SGB V (Transparenz der Krankenhausbehandlung). Hintergrund dieses Gesetzes ist die Einigung des Bundes und der Länder in den sogenannten ‚Bund-Länder Gesprächen‘ der ersten Jahreshälfte und das daraus resultierende Eckpunktepapier zur Krankenhausreform vom 10. Juli 2023. Hier hatte man sich auf die Definition von Leistungsgruppen und die Einführung einer Vorhaltefinanzierung geeinigt. Die Vorhaltung von Strukturen in Krankenhäusern sollen damit weitgehend unabhängig von der Leistungserbringung zu einem relevanten Anteil gesichert werden. Die erstmalige Definition der Leistungsgruppen und deren Qualitätskriterien soll auf der Grundlage der in NRW eingeführten Leistungsgruppen zuzüglich weiterer fünf Leistungsgruppen geschehen (Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin und spezielle Kinder- und Jugendchirurgie). Eine Weiterentwicklung der Leistungsgruppen soll dann unter Einbezug der AWMF und der Fachgesellschaften erfolgen. Von einer Vorhaltefinanzierung, die von einer Zuordnung eines Krankenhauses zu einem sogenannten Level abhängig ist, hatte man sich verabschiedet. Der Bund hatte darauf bestanden, zur Information und Aufklärung von Patienten Daten über das Leistungsangebot und Qualitätsaspekte des stationären Versorgungsgeschehens in einem Transparenzregister zu veröffentlichen.

Dies regelt nun das Krankenhaustransparenzgesetz, in dem eine Level- Zuordnung der Krankenhäuser zu Informationszwecken vorgesehen ist. Darüber hinaus erscheint erstmals eine komplette Liste aller 65 Leistungsgruppen. Die Krankenhäuser werden verpflichtet, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) künftig folgende ergänzende Angaben zu übermitteln: Zuordnung von Leistungsgruppen, Standortbezug bei Diagnosen und Prozeduren, Daten zum Pflegepersonal zusätzlich bezogen auf die Leistungsgruppen sowie Daten zum ärztlichen Personal. Außerdem wird eine unterjährige Datenübermittlungspflicht zu ärztlichem Personal und Leistungsgruppen eingeführt. Den eigentlichen Betrieb des Transparenzverzeichnisses im Sinne der dafür erforderlichen Datenaufbereitung übernimmt das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG)

Ein Entwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) liegt der DGVS vor. Hier werden u.a. Mindestanforderungen an die Qualität der Krankenhausbehandlung definiert, die sich im §135e SGB V finden werden. Anforderungen an eine Zulassung der jeweiligen Leistungsgruppe erfordern also die Erfüllung dieser Kriterien, etwa die Erbringung verwandter Leistungsgruppen am Standort oder auch in Kooperation, eine sachliche, personelle sowie Ausstattung sonstiger Struktur- und Prozesskriterien. Mit der Prüfung dieser Anforderungen wird der Medizinische Dienst beauftragt (‚standortbezogen Prüfungen‘), offensichtlich von der jeweiligen Landesbehörde. Neben Aufträgen an das InEK im Zusammenhang mit der Ermittlung der Vorhaltevergütung enthält der Gesetzesentwurf weitere Paragraphen 115 im SGB V: Die §§115g und 115h treten – sollte das Gesetz so kommen – neben die Anfang des Jahres neu eingeführten §§115e und 115f, vgl. Tabelle.

§ 115Dreiseitige Verträge und Rahmenempfehlungen zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten
§ 115aVor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus
§ 115bAmbulantes Operieren im Krankenhaus
§ 115cFortsetzung der Arzneimitteltherapie nach Krankenhausbehandlung
§ 115dStationsäquivalente psychiatrische Behandlung
§ 115eTagesstationäre BehandlungNeu 2023
§ 115fSpezielle sektorengleiche VergütungNeu 2023
‘Hybrid-DRG’
§ 115gBehandlung in einer sektorenübergreifenden VersorgungseinrichtungEntwurf KHVVG 2024
§ 115hMedizinisch-pflegerische Versorgung durch sektorenübergreifende VersorgungseinrichtungenEntwurf KHVVG 2024
Tabelle. Die §§115 SGB V zur sektorenübergreifenden Versorgung, die §§115g und 115h liegen nur im Entwurf vor.

Eine Definition der Mindeststrukturanforderungen wurde den Vorgaben aus der Krankenhausreform NRW entnommen. Da die Reform in NRW aber nicht für die Sicherung der Vorhaltung, sondern für die Krankenhausplanung gemacht worden war, sind die Mindeststrukturen nur eingeschränkt für eine Bestimmung der Vorhaltung verwendbar. Ein Abstimmungsprozess mit Eingaben ins BMG über die AWMF hat es auch der DGVS ermöglicht, für die LG Komplexe Gastroenterologie erweiterte Definitionen einzubringen. Die DGVS hat aus einer Taskforce heraus ihre Vorschläge sowohl über die AWMF als auch direkt an das BMG übermittelt.

Darüber hinaus ist die Zuordnung von Patientenfällen zur jeweiligen Leistungsgruppe für die Berechnung der Vorhaltekosten wichtig, aber gerade für breit aufgestellte und doch spezialisierte internistische Fachbereiche herausfordernd. Auch hier konnten wir in einem Pilotprojekt dem InEK einen detaillierten Vorschlag einer Zuordnung von Fällen zur LG Komplexe Gastroenterologie jüngst übergeben. Wir stehen im engen Austausch mit dem Leiter des InEK und im Austausch mit dem verantwortlichen Abteilungsleiter im BMG.

Sektorenübergreifende Versorgung und AOP-Katalog 2023

Das Jahr 2023 startete mit dem neuen AOP-Vertrag, der sogenannte ‚Kontextfaktoren‘ anstelle der bisherigen ‚GAEP‘-Kriterien für die Abgrenzung stationärer von ambulanten Behandlungsfällen vorsieht. Im AOP-Katalog enthaltene Leistungen sind damit nur noch in begründeten Fällen im stationären Setting möglich, wenn die Prüfungen der stationären Fälle entsprechend ausgerichtet werden. Dies trifft die Gastroenterologie und die gastroenterologische Endoskopie in besonderem Maße. Wir haben mehrfach diesbezüglich berichtet. Allerdings war in verschiedenen Analysen bereits im Vorfeld klar geworden, dass eine unkritische Verschiebung von DRG-Leistungen in das Ambulante Operieren (AOP, §115b SGB V) auf Basis des EBM in der endoskopischen Leistungserbringung auch aus Gründen der unzulänglichen finanziellen Darstellbarkeit in einigen Indikationen bisher kaum realisiert wurde und auch in Zukunft nicht darzustellen sein wird. Mit den ‚Kontextfaktoren‘ wurde zudem eine nur vordergründig „trennscharfe“ Grenze geschaffen, denn in der alltäglichen Anwendung sind die sperrigen Listen kaum einsetzbar, zudem sind sie lückenhaft und von handwerklichen Fehlern durchwoben. Entsprechende Stellungnahmen der DGVS zu den Schwachstellen des aktuellen AOP-Katalogs, den unvollständigen Kontextfaktoren und den strukturellen und ökonomischen Hindernissen in der Umsetzung liegen vor und können in der jährlichen Überarbeitung des AOP und den geplanten Evaluationsprozess einfließen.

Ganz entscheidend für die Umsetzung ist aus unserer Sicht, dass die strukturellen, prozeduralen und personellen Voraussetzungen gastroenterologischer Leistungen berücksichtigt werden, um ein qualitätssicherndes Leistungsangebot zu ermöglichen. Eine entsprechende Publikation der Kommission Qualität wurde im August 2023 in der Zeitschrift für Gastroenterologie veröffentlicht.

Zur Publikation: https://www.dgvs.de/aus-dem-fach/gesundheitspolitik/aop-sektorenuebergreifende-versorgung/strukturvoraussetzungen-fuer-die-gastroenterologische-endoskopie/

Besonders stark haben wir uns mit verschiedenen Stellungnahmen und Publikationen für die Einführung der Hybrid-DRG eingesetzt. In die Hybrid-DRG werden große Erwartungen gesetzt, da eine spezielle sektorengleiche Vergütung nach §115f am ehesten mit dem Herauslösen einer DRG aus der stationären Versorgung hin zu einer Behandlung, die unabhängig von einer Übernachtung verrechnet und vergütet wird, erreicht wird. Die Selbstverwaltungspartner sind an einer fristgerechten Umsetzung in der ersten Jahreshälfte gescheitert, aktuell wird eine Ersatzvornahme durch das BMG vorgenommen. Hierzu liegt der DGVS nun ein Referentenentwurf des BMG für eine Verordnung zu einer speziellen sektorengleichen Vergütung (Hybrid-DRG-V) vor, in der Hybrid-Leistungen aus dem Bereich der Hernienchirurgie, Entfernung von Harnleitersteinen, Ovariektomien, Arthrodesen der Zehengelenke und Exzision eines Sinus pilonidalis für 2024 vorgesehen sind. Für 2025 werden Leistungen aus DRGs, die für einfache ERCPs (H41D, H41E) und andere endoskopische Leistungen (G47B, G67A, G67B, G67C, G71Z) stehen, angekündigt. Wir werten dies als großen Erfolg unserer Arbeit und werden nicht nachlassen, hier an einer weiteren Verbesserung zu arbeiten.

Eine Übersicht über unsere Positionen und Empfehlungen zur sektorenübergreifenden Versorgung finden Sie hier: https://www.dgvs.de/aus-dem-fach/gesundheitspolitik/aop-sektorenuebergreifende-versorgung/

Über die Aktivitäten unserer Kommissionen hinaus sprechen wir mit verschiedenen Entscheidungsträgern im Gesundheitsausschuss, im BMG und auf Länderebene. Wir möchten alle Mitglieder gerne aufrufen, ihre Kontakte dazu ebenfalls zu nutzen. Nehmen Sie dazu gerne auch Kontakt mit uns auf.

© Oktober 2023

 

Kontakt

Bild Wedemeyer

Prof. Dr. med. Heiner Wedemeyer

Präsident der DGVS 2023 – 2025

Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie
Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover

COI

0511-53 23 30 5 Email senden
Albert

Prof. Dr. med. Jörg Albert

Vorstand Gesundheitsökonomie 2023 – 2025

Klinik für Gastroenterologie, gastroenterologische Onkologie, Hepatologie, Infektiologie und Pneumologie
Katharinenhospital Klinikum Stuttgart
Kriegsbergstr. 60
70174 Stuttgart

COI

0711-27 83 54 03 Email senden
Petra+Lynen RSF6176

PD Dr. med. Petra Lynen Jansen

Geschäftsführung

DGVS
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie,
Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten

Olivaer Platz 7
10707 Berlin

030-31 98 31 50 00 Email senden