DGVS 2023 – Jahresrückblick des Vorstands
Die DGVS blickt auf ein außergewöhnlich ereignisreiches Jahr 2023 zurück. Der Strukturwandel der Medizin hält insbesondere unser Fach in Atem. Unsere Fachgesellschaft begleitet den Prozess intensiv. Darüber hinaus können wir auf eine erfolgreiche Leitlinienarbeit sowie viele Veranstaltungen und Projekte zurückblicken. Lassen Sie hier gemeinsam mit dem Vorstand das DGVS Jahr 2023 Revue passieren.
Prof. Dr. med. Heiner Wedemeyer, Präsident der DGVS
Die Gastroenterologie ist ohne jeden Zweifel eines der spannendsten und vielfältigsten medizinischen Fächer! Die Vielseitigkeit und die zahlreichen Schnittflächen sind für uns alle aber auch eine große Herausforderung. Strukturelle Rahmenbedingungen verändern sich rasant. Inhaltlich gibt es in vielen Bereichen immer mehr neue diagnostische und therapeutische Optionen, die Spezialwissen und -Expertisen erfordern. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Gastroenterologie muss daher unbedingt immer wieder angepasst und weiterentwickelt werden. Und es ist absolut essentiell, den Nachwuchs für unser Fach zu begeistern. Vor diesen Hintergründen ist eine starke und dynamische Fachgesellschaft wichtiger denn je, die Diskussionen fördert, mit einer starken Stimme in Politik und Öffentlichkeit spricht und die Mitglieder unterstützt!
Vor einem Jahr durfte ich das Amt des Präsidenten der DGVS gemeinsam mit einem neuen Vorstand übernehmen. Hinter uns liegt ein Jahr mir großen Veränderungen und Herausforderungen.
Gestartet ist der neue Vorstand in seine Amtsperiode im Januar 2023 mit einer zweitätigen Klausurtagung in Berlin. Dass die aktive Begleitung des Strukturwandels eine der Hauptaufgaben für die nächsten Jahre sein würde, war offensichtlich. Eine Flut neuer Verträge, Verordnungen und Gesetzesinitiativen und die intensiven Bestrebungen der Bundesregierung, sowohl die Krankenhausstruktur als auch die sektorenübergreifende Versorgung grundlegend zu reformieren, haben uns nachdrücklich beschäftigt. Es hat sich entsprechend mehr als bewährt, dass wir das Ressort Gesundheitsökonomie als neues Vorstandsamt geschaffen haben. Jörg Albert, der dieses Amt übernommen hat, hat gemeinsam mit seiner Kommission Medizinische Klassifikation und Gesundheitsökonomie und in enger Zusammenarbeit mit unserer Kommission Qualität unter der Leitung von Ludger Leifeld diesen Prozess mit kontinuierlichen Stellungnahmen begleitet, nachzulesen in seinem nachfolgenden Bericht in dieser Ausgabe der ZfG. Wir kämpfen im Vorstand und in den Kommissionen für die Gastroenterologie und hoffen, dass wir in den neuen Strukturen letztlich angemessen aufgestellt sein werden. Wichtig ist uns, Sie über diesen Prozess auf dem Laufenden zu halten, daher finden Sie eine Zusammenstellung unserer Aktivitäten auf unserer Rubrik „Aus dem Fach“ auf der DGVS Webseite. Die entsprechenden Seiten werden ständig aktualisiert. Jedes DGVS Mitglied ist eingeladen, sich hier zur beteiligen und uns Feedback zu geben.
Für die Durchsetzung gastroenterologischer Interessen ist aber auch eine breite Vernetzung wichtig. So haben wir uns eine Stärkung der Gremienarbeit zum Ziel gesetzt. Wir wollen zukünftig unsere Mitglieder, die sich in Beirat, Kommissionen oder Arbeitsgemeinschaften einbringen, noch besser in unsere Arbeit integrieren und in ihren Funktionen neu definieren. Den Grundstein für eine bessere Vernetzung mit nationalen und internationalen Partnergesellschaften haben wir in einem Verbändegespräch im März 2023 gemeinsam mit der ALGK, der AUG, dem BDI, dem bng und der DGIM gelegt. Darüber hinaus haben wir zahlreiche Gespräche geführt mit Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien des Bundestages und Vertretern des Gesundheits- und Bildungsausschusses mit den Themenschwerpunkten AOP und Hybrid-DRG, BMG-Strukturen und Förderpolitik der Koalition. Ein Ergebnis dieser Aktivitäten war zum Beispiel eine parlamentarische Anfrage im Bundestag an die Bundesregierung, die unter anderem Risiken und Probleme der Umsetzung des neuen AOP zu Inhalt hatte.
2,1 Millionen Menschen wurden 2021 an Krankheiten der Verdauungsorgane stationär behandelt . Damit nehmen die gastroenterologischen Krankheiten Platz 2 hinter den Herz-Kreislauferkrankungen ein. Die Kosten insgesamt belaufen sich auf 55 Milliarden Euro, was einer Zunahme von +15% seit 2015 entspricht. Diese und viele weitere interessante Zahlen und Daten haben wir im Weißbuch Gastroenterologie 2023/24 zusammengestellt, das wir in diesem Jahr mit der Unterstützung vieler Expertinnen und Experten aus unseren Reihen erneut aktualisiert haben. Das Weißbuch Gastroenterologie 2023/24 steht auf der DGVS Webseite unter der Rubrik „Publikationen“ zum Download bereit. Nutzen Sie gern alle Grafiken des Weißbuches für Ihre Zwecke – ein vereinfachter Download hierfür steht bereit.
Die Zahlen des Weißbuches belegen, dass die Förderung der Prävention gastroenterologischer Erkrankungen ein wichtiger Themenschwerpunkt bleiben muss. Nach den Erfolgsgeschichten der Helicobacter-Eradikation und der Darmkrebsvorsorge wurde 2021 das Hepatitis-Screening in die allgemeine Gesundheitsuntersuchung eingeführt. Aktuell, unterstützt durch die Veröffentlichung der FARKOR-Innovationsfondsstudie zu Beginn des Jahres, setzen wir uns für die Einführung eines familiären Darmkrebsscreenings ein. Hierzu werden die bestehenden interdisziplinären Ansätze wie die Task Forces zur verbesserten Prävention von Darmkrebs und Leberkrankheiten verstetigt.
Gastroenterologische Prävention lässt sich auf den gesamten Bereich der gastroenterologischen Onkologie ausweiten. Krebserkrankungen der Verdauungsorgane sind mit Abstand die häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland und machen etwa 20% der bösartigen Erkrankungen aus. Gleichzeitig beliefen sich die Kosten für gastroenterologische Krebserkrankungen 2022 auf 6,7 Milliarden Euro und sind damit seit 2015 um +48% gestiegen. Die Gastroenterologie nimmt in allen Bereichen der onkologischen Versorgung eine zentrale Rolle ein. Bei der Darm- oder Magenkrebsprävention ist es gelungen, durch spezifische präventive Maßnahmen die Sterblichkeit zu senken. Für andere Tumorerkrankungen, wie den Bauchspeicheldrüsen- oder Leberkrebs, gelingt dies derzeit noch nicht. Der neue Vorstand hat die GI-Onkologie zu einem besonderen Schwerpunktthema für seine Amtszeit gemacht. Mit Matthias Ebert haben wir eine starke Stimme im Vorstand und hoffen auch hier auf Anregungen und Unterstützung.
Die Gastroenterologie ist von jeher ein forschungsintensives Fach. Kaum ein Gebiet kann derart viele DFG-Förderungen vorweisen. Wir unterstützen junge Gastroenterologen, die erstmals einen Antrag einreichen wollen, in besonderen Seminaren, bei denen erfahrene Ordinarien und Wissenschaftler Feedback zu Ideen und Anträgen geben. In den DFG Gremien sind Gastroenterologen auch gut sichtbar. Die DGVS unterstützt unsere Kandidaten bei den kürzlich abgehaltenen Fachkollegienwahlen ausdrücklich. Viele Gastroenterologen sind in verschiedene nationale Gesundheitszentren und das NUM-Netzwerk involviert. Allerdings müssen wir auch feststellen, dass es zurzeit weniger gastroenterologisch-geführte Sonderforschungsbereiche in Deutschland gibt, als es noch vor 10-15 Jahren der Fall war. Weiterhin fehlt in Deutschland ein nationales Forschungszentrum, das sich spezifisch der gastrointestinalen Gesundheit oder den Organsystemen im Bauchraum widmet. Es ist daher wichtig, zum einen die enorme Relevanz unserer Krankheitsbilder der Wissenschaftspolitik zu verdeutlichen. Weiterhin kann die DGVS bei Bedarf ideelle Unterstützung für neue Verbünde in Versorgungsforschung und translationaler Forschung geben. Auch ist der Vorstand offen für weitere Ideen und Anregungen.
Ein weiterer wichtiger präventiver Bereich, den die Gastroenterologie als ihr ureigenstes Gebiet begreifen sollte und den wir uns als Themenschwerpunkt gesetzt haben, ist die Ernährungsmedizin. Die Ernährungsmedizin ist essenzieller Bestandteil gastroenterologischer Behandlungskonzepte und relevant für eine Vielzahl von Patienten – zum Beispiel für Patienten mit Krebserkrankungen, chronisch-entzündlichen Darm- oder Lebererkrankungen. Darüber hinaus sind ca. drei Millionen Menschen in Deutschland mangelernährt. Wir haben unter Federführung von Birgit Terjung eine Task Force Ernährungsmedizin gegründet, die sich für ein größeres Bewusstsein des Potentials dieses Bereiches für unser Fach einsetzen wird. Eine Folge in unserem Podcast Gastro Geplauder mit dem Titel „Gastrogesundheit: Wie wichtig ist die Ernährungsmedizin“ widmet sich diesem Thema und seinen spannenden Facetten.
Gegen das Vergessen ist ein Projekt, dass ich auch in diesem Jahr besonders hervorheben möchte. In zwei Folgen unseres Podcastes berichtet unser ehrenamtlicher Archivar Harro Jenss über seine Recherchen – aber auch über seine vielen persönlichen Begegnungen und Erfahrungen. Auch in diesem Jahr haben wir mehr als 20 neue Biografien auf unserer Webseite dgvs-gegen-das-vergessen.de ergänzen können und auch die monatliche Veröffentlichung von Lebenswegen in der ZfG fortgesetzt. Auf der Viszeralmedizin in Hamburg konnten Sie erneut eine Sitzung erleben, die durch ihre Teilnehmerzahl und ihre Themen motiviert, diese Arbeit fortzusetzen. Ein erstes Treffen Geschichtsinteressierter Gastroenterologen, ebenfalls im Rahmen des Kongresses, hat sehr viel Zuspruch erfahren, so dass wir hoffen, auch dieses Projekt mit vereinten Kräften in die Zukunft führen zu können. Die Ereignisse in Nahost zeigen uns, wie wichtig und aktuell Projekte gegen Ausgrenzung und Verfolgung sind und dass auch wir zum Thema Antisemitismus nicht schweigen dürfen. Wichtig und gut ist, dass dieses Thema auch von unseren jungen Kolleginnen und Kollegen wahrgenommen und begleitet wird.
Auf die Aktivitäten unserer jungen Kolleginnen und Kollegen sind wir besonders stolz. Transparent, engagiert und divers, das hat die JUGA sich als Slogan gegeben und das setzen sie auch so um. Die JUGA engagiert sich mit den unterschiedlichsten Formaten für unser Fachgebiet, wie zum Beispiel den JUGA-Crashkursen, den JUGA Summer und Winter Schools, dem JUGA Preceptorship und dem Nachwuchstag NEXT GEN im Rahmen der Viszeralmedizin. Dass sich unser Nachwuchs für den Nachwuchs einsetzt, zeigt, dass die DGVS hier nachhaltig aufgestellt ist. Dem bisherigen Sprecherteam Sophie Schlosser und Jonas Staudacher danken wir daher besonders für den Ideenreichtum und die Effizienz, mit der sie die Projekte der JUGA in den letzten Jahren vorangetrieben haben. Den beiden „Neuen“ im Amt, Stefanie Reichermeier und Lukas Welsch, wünschen wir ebenso viel Freude und Umsatzwillen.
Das Gastro Geplauder mit inzwischen weit über 50 Folgen und mehr als 100.000 Downloads ist eine Erfolgsgeschichte, die uns großen Spaß macht. Die Feedbacks zeigen uns, dass wir hier einen neuen Kanal gefunden haben, der auch unsere Mitglieder sehr anspricht.
Die Leitlinienarbeit der DGVS ist nach wie vor eine unserer wichtigsten Schwerpunkte, den Ulrike Denzer übernommen hat. Hier liegt unser Fokus auf noch mehr Sichtbarkeit, auch im internationalen Bereich – mehr dazu lesen Sie in ihrem Bericht in diesem Heft. Eine ebenso wichtige Konstante stellt unser umfangreiches Seminarprogramm dar, mit dem es uns gelingt, in allen Bereichen unsere wissenschaftlichen Standards auch in die Praxis zu übermitteln.
Sicher geht es Ihnen so wie mir – wie immer bin ich bereichert und beflügelt von der Viszeralmedizin im Herbst nach Hause zurückgekehrt. Großer Dank und Anerkennung für Ansgar W. Lohse und Martin Götz für ihr vielseitiges und inspirierendes Kongressprogramm. Neue erfolgreiche Formate wie Breakfast Sessions und Science Track und die Einführung von Kongressstipendien setzen auch für die nachfolgenden Kongresse Maßstäbe.
Auch die Entwicklung der Mitgliederzahlen insgesamt ist äußerst erfreulich. 2023 konnten wir das 7.000ste Mitglied begrüßen, Tendenz weiter steigend. Alle alten und neuen Mitglieder werden seit Herbst diesen Jahres mit einer umgestalteten und neu strukturierten DGVS Webseite auf dem Laufenden gehalten.
Unsere Gesundheitsversorgung und damit auch die Gastroenterologie ist geprägt von einer Vielzahl von Neuerungen, deren Konsequenzen wir vor Ort bereits spüren und die in Gänze derzeit niemand – Regierung und Selbstverwaltung eingeschlossen – abschätzen kann. Wir werden uns für dieses Thema weiter einsetzen, dürfen aber darüber unsere Aufgaben als wissenschaftliche Fachgesellschaft nicht aus den Augen verlieren. Dass so viele von Ihnen sich in zahlreichen Kommissionen, dem Beirat und den Arbeitsgemeinschaften, aber auch als Expertinnen und Experten bei Stellungnahmen und Medienanfragen oder in unseren Leitlinien für unser Fachgebiet einsetzen, ist Voraussetzung und Garantie dafür, dass wir die Gastroenterologie auch in Zukunft aktiv, innovativ und qualitätsorientiert gestalten.
Wir sind eine extrem aktive und lebendige Fachgesellschaft. All unsere Aktivitäten können wir aber nur umsetzen, weil wir ein tolles Team in unserer Geschäftsstelle in Berlin haben, das von unseren Geschäftsführerinnen Diana Kühne und Petra Lynen hervorragend geführt wird. Ich danke dem ganzen Team der Geschäftsstelle ausdrücklich für die erstklassige Arbeit und die immer freundliche und konstruktive Unterstützung.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes, neues Jahr.
Ihr
Heiner Wedemeyer
Präsident der DGVS
Prof. Dr. med. Jörg Albert, Vorstand Gesundheitsökonomie
Ein wahrhaft turbulentes Jahr neigt sich dem Ende zu: In dieser Übergangszeit, in der die Rahmenbedingungen für das Erbringen von Gesundheitsleistungen in Deutschland neu geordnet werden, waren zwei Themen für die Gastroenterologie besonders wichtig: die ‚Ambulantisierung‘ endoskopischer Leistungen und die Krankenhausreform.
So brachte das Jahr 2023 die Einführung des neuen AOP-Vertrages und verschiedene Ankündigungen zur Sektorenübergreifenden Versorgung. Zum anderen gab es einen breiten und sehr regen Austausch zu den Bestrebungen der Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft durch die Einführung von Vorhaltepauschalen und Leistungsgruppen.
Sektorenübergreifende Versorgung
Der neue AOP-Vertrag hat wenige Neuerungen für die Gastroenterologie im Katalog gebracht (vgl. unsere Stellungnahme aus dem Januar ). Er hatte mit der Einführung der sogenannten ‚Kontextfaktoren‘ und dem Ausschluss einer stationären Behandlung eines Patienten, bei dem keine solchen Faktoren zutreffen, für erhebliche Aufregung gesorgt: Die Kontextfaktorenliste erscheint sperrig, undurchsichtig und trotzdem unvollständig – als Kontrolle der Behandler und Steuerung der Behandlung ist sie in der aktuellen Form eine Zumutung.
Die Kliniken haben unterschiedlich auf diese Neuregelung reagiert. Einige haben rasch versucht, Strukturen dafür zu schaffen, dass bisher stationäre Leistungen über AOP erbracht werden können. Andere haben versucht, bestehende Stationen für die tagesklinische Behandlung zu nutzen und über AOP abzurechnen. Sehr wenige haben den neuen §115e (Tagesstationäre Behandlung) genutzt, da eine Abgrenzung zur ‚echten‘ stationären Behandlung schwammig erscheint. Eine ganze Reihe an Kliniken haben versucht, die stationäre Behandlung zu begründen und möglichst viele Behandlungen stationär zu belassen.
Hierbei zeigte sich zweierlei: Es bestehen vielerorts Engpässe in der Infrastruktur vor Ort – sowohl personeller als auch räumlicher Natur. Insbesondere fehlende Strukturen für eine adäquate Nachbeobachtung ambulant behandelter Patienten erschweren die Prozesse in der Umstellung auf die ambulante Behandlung. Außerdem weisen Analysen aus den Controlling-Abteilungen auf Lücken in der wirtschaftlichen Darstellbarkeit der Behandlung in dieser Form hin.
So bringen diese Neuregelungen aus meiner Sicht insbesondere mehr organisatorischen Aufwand und mehr Bürokratie anstelle einer mehr als notwendigen Entlastung des ärztlichen und des Pflegepersonals bei gleichzeitig weniger Vergütung.
So ist dringend zu hoffen, dass die nächsten Änderungen zu einer erheblich vereinfachten Regelung für das ambulante Operieren (AOP) führen und dass wir komplexe Eingriffe wie die ERCP in anderen Vergütungssystemen – bspw. der Hybrid-DRG – wiederfinden werden.
Denn grundsätzlich ist der Prozess der Ambulantisierung überfällig und wird von der DGVS überall da unterstützt, wo er medizinisch sinnvoll ist, bürokratiearm umgesetzt werden kann und leistungsgerecht vergütet wird.
Eine zentrale Schwachstelle des neuen AOP-Vertrages sind die Kontextfaktoren. Der Katalog der Kontextfaktoren ist im Vergleich zu den G-AEP-Kriterien zu rigide und darüber hinaus unvollständig. Dies schränkt die ärztliche Behandlungshoheit ein und kann zu einer erheblichen Versorgungslücke führen. Unser Ziel ist, zeitnah eine Anpassung der Kontextfaktoren zu erreichen. Seitens der DGVS haben wir einen entsprechenden Vorschlag bereits im Januar an die AOP-Verhandlungspartner KBV, GKV und DKG übermittelt. Wir beobachten zudem genau, wie sich die Prüfungen des MD ausrichten und wo Versorgungslücken drohen.
Im AOP-Katalog fehlen andererseits nach wie vor für eine Behandlung wesentliche Eingriffe, wie z.B. Leistungen aus dem Bereich der Funktionsdiagnostik. Es ist klar, dass diese Leistungen fast immer ambulant durchführbar sind und daher aufgenommen werden sollten. Andere Eingriffe wie zum Beispiel die endoskopische Resektion von großen Polypen des Kolons oder die ERCP sind im AOP-Katalog unverändert enthalten, wobei die Komplexität der Eingriffe diese für das AOP nicht geeignet erscheinen lassen: Es drängt sich der Eindruck auf, dass diese Leistungen nicht in den Kontext des AOP passen. Um die Ambulantisierung in der Praxis ankommen zu lassen, ist daher auch in diesen Leistungen die vom Gesetzgeber vorgegebene (§115f SGB V) Einführung der Hybrid-DRG von entscheidender Bedeutung.
Die Selbstverwaltungspartner sind an einer fristgerechten Umsetzung Anfang des Jahres gescheitert, aktuell läuft die für diesen Fall vorgesehene Ersatzvornahme durch das BMG als Hybrid-DRG-Verordnung des BMG (Hybrid-DRG-V). Hybrid-DRG-Leistungen aus dem Bereich der Gastroenterologie sind bereits für spätestens 2025 angekündigt, so etwa einfache ERCP (DRG H41D, H41E) und andere endoskopische Leistungen (G47B, G67A, G67B, G67C, G71Z) .
Unabdingbar bleibt, dass die strukturellen, prozeduralen und personellen Voraussetzungen für eine sektorübergreifende Versorgung geschaffen werden, um ein qualitätssicherndes Leistungsangebot zu ermöglichen. Eine entsprechende Publikation der DGVS unter der Leitung von Ludger Leifeld wurde im August 2023 in der Zeitschrift für Gastroenterologie veröffentlicht.
Hinweise zu der Vergütungsberechnung haben wir bereits in der ersten Jahreshälfte veröffentlicht , , nun hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ein vergleichbares Kalkulationsmodell als Grundlage für den Erlös der Hybrid-DRG öffentlich gemacht.
Wir sehen somit erfreut, dass diese Entwicklungen im Bereich der Hybrid-DRG durch unsere bisherige Arbeit befruchtet werden und werden nicht nachlassen, hier an einer bestmöglichen Umsetzung mit Vorschlägen und Eingaben zu arbeiten.
Die Stellungnahmen der DGVS zu den Schwachstellen des aktuellen AOP-Katalogs, den unvollständigen Kontextfaktoren und den strukturellen und ökonomischen Hindernissen in der Umsetzung liegen KBV, GKV, DKG und BMG vor und wir erwarten, dass diese in der Überarbeitung des AOP-Katalogs und in den geplanten Evaluationsprozess einfließen.
Krankenhausstrukturreform
Die Krankenhausstrukturreform schreitet trotz großer Unstimmigkeiten zwischen Bund und Ländern voran. Zuletzt sind im Oktober zwei wichtige Gesetzentwürfe des BMG im Prozess der Gesetzgebung angekommen: Das Gesetz zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz
(Krankenhaustransparenzgesetz) und das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG).
Krankenhaustransparenzgesetz
Im Kern des Krankenhaustransparenzgesetzes geht es um die Einführung eines neuen §135d SGB V. Hintergrund dieses Gesetzes ist die Einigung des Bundes und der Länder in den Bund-Länder-Gesprächen der ersten Jahreshälfte und das daraus resultierende Eckpunktepapier zur Krankenhausreform. Hier hatte man sich auf die Definition von Leistungsgruppen und die Einführung einer Vorhaltefinanzierung geeinigt. Die Vorhaltung von Strukturen in Krankenhäusern sollen damit weitgehend unabhängig von der Leistungserbringung zu einem relevanten Anteil gesichert werden. Die Definition der Leistungsgruppen und deren Qualitätskriterien soll auf der Grundlage der in NRW eingeführten Leistungsgruppen zuzüglich weiterer fünf Leistungsgruppen geschehen (Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin und spezielle Kinder- und Jugendchirurgie). Eine Weiterentwicklung der Leistungsgruppen soll dann unter Einbezug der AWMF und der Fachgesellschaften erfolgen. Über die AWMF haben die Fachgesellschaften (wie auch die DGVS) einen Vorschlag zur Ausgestaltung der Level und Leistungsgruppen dem BMG übermittelt.
Da eine Vorhaltefinanzierung auf Basis der Zuordnung eines Krankenhauses zu einem sogenannten Level in den Bund-Länder-Konferenzen nicht durchsetzbar war, hatte der Bund darauf bestanden, zur Information und Aufklärung von Patienten Daten über das Leistungsangebot und Qualitätsaspekte des stationären Versorgungsgeschehens in einem Transparenzregister zu veröffentlichen. Dies regelt nun das Krankenhaustransparenzgesetz, in dem eine Level-Zuordnung der Krankenhäuser zu Informationszwecken vorgesehen ist. Darüber hinaus erscheint erstmals eine komplette Liste aller 65 Leistungsgruppen.
Die Krankenhäuser werden zudem verpflichtet, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) künftig folgende ergänzende Angaben zu übermitteln: Zuordnung von Leistungsgruppen, Standortbezug bei Diagnosen und Prozeduren, Daten zum Pflegepersonal zusätzlich bezogen auf die Leistungsgruppen sowie Daten zum ärztlichen Personal. Außerdem wird eine unterjährige Datenübermittlungspflicht zu ärztlichem Personal und Leistungsgruppen eingeführt. Den eigentlichen Betrieb des Transparenzverzeichnisses im Sinne der dafür erforderlichen Datenaufbereitung übernimmt das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG).
Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz
Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) soll die Mindestanforderungen an die Qualität der Krankenhausbehandlung definieren, die sich im §135e SGB V finden werden, der ebenfalls neu eingeführt wird. Eine Zulassung der jeweiligen Leistungsgruppe erfordert also die Erfüllung dieser Kriterien, etwa die Erbringung verwandter Leistungsgruppen am Standort bzw. in Kooperation, eine sachliche, personelle Ausstattung sowie sonstige Struktur- und Prozesskriterien. Mit der Prüfung dieser Anforderungen wird der MD beauftragt. An diese Leistungsgruppen wird die Vorhaltefinanzierung gekoppelt. Mit der Berechnung der Höhe dieser Vorhaltefinanzierung wurde das InEK beauftragt. Im Zusammenhang mit der Ermittlung der Vorhaltefinanzierung enthält der Gesetzesentwurf die neuen §§115g und 115h, die, sollte das Gesetz so kommen, neben die Anfang des Jahres neu eingeführten §§115e und 115f treten (Tabelle1).
Tabelle 1: Die §§115 SGB V zur sektorenübergreifenden Versorgung, die §§115g und 115h liegen im Entwurf vor
§ 115 | Dreiseitige Verträge und Rahmenempfehlungen zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten | |
§ 115a | Vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus | |
§ 115b | Ambulantes Operieren im Krankenhaus | |
§ 115c | Fortsetzung der Arzneimitteltherapie nach Krankenhausbehandlung | |
§ 115d | Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung | |
§ 115e | Tagesstationäre Behandlung | Neu 2023 |
§ 115f | Spezielle sektorengleiche Vergütung | Neu 2023, „Hyprid-DRG“ |
§ 115g | Behandlung in einer sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtung | Entwurf KHVVG 2024 |
§ 115h | Medizinisch-pflegerische Versorgung durch sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen | Entwurf KHVVG 2024 |
Die Definition der Mindeststrukturanforderungen für die Leistungsgruppen wurde den Vorgaben aus der Krankenhausreform NRW entnommen. Da die Reform in NRW aber nicht für die Sicherung der Vorhaltung, sondern für die Krankenhausplanung gemacht worden war, sind die Mindeststrukturen nur eingeschränkt für eine Bestimmung der Vorhaltung verwendbar. Ein Abstimmungsprozess mit Eingaben ins BMG über die AWMF hat es der DGVS ermöglicht, für die LG Komplexe Gastroenterologie eine erweiterte Definition einzubringen. Die DGVS hat aus einer Taskforce heraus ihre Vorschläge sowohl über die AWMF als auch direkt an das BMG übermittelt.
Für die Berechnung der Vorhaltefinanzierung pro Leistungsgruppe ist die eindeutige Zuordnung von Patientenfällen zur jeweiligen Leistungsgruppe entscheidend, aber gerade für breit aufgestellte und gleichzeitig hoch spezialisierte internistische Fachbereiche herausfordernd. Hier konnten wir in einem Pilotprojekt dem InEK einen detaillierten Vorschlag für eine sinnvolle Zuordnung von Leistungen und Fällen zur LG Komplexe Gastroenterologie übergeben. Wir stehen im engen Austausch mit dem Leiter des InEK und im Austausch mit dem verantwortlichen Abteilungsleiter im BMG.
Auch 2024 werden wir mit dem DGVS & DGfM Forum Gesundheitsökonomie in das Jahr starten und versuchen, Klärung in die beiden großen Themen der Strukturreformen zu bringen. Merken Sie sich den 25. Januar 2024 vor und melden Sie sich über unsere Webseite an.
Zusätzlich zu den o.g. Aktivitäten hat die Kommission Medizinische Klassifikation und Gesundheitsökonomie ihre kontinuierliche Arbeit zur Verbesserung der Abbildung gastroenterologischer Leistungen fortgeführt. Die DGVS hat sich mit 9 Anträgen in das DRG-Vorschlagsverfahren und mit 18 Anträgen zu OPS/ICD-Änderungen in das Vorschlagsverfahren 2023 für 2024 eingebracht. Im Kontext der sektorenübergreifenden Leistungserbringung werden wir künftig auch Prozeduren und Kodes, die prioritär ambulante Leistungen betreffen, in diesen Vorschlagsverfahren berücksichtigen. Dank intensiver Kommissionarbeit gehört die DGVS nun schon seit einigen Jahren zu einer der Fachgesellschaften, die zahlreiche und qualitativ hoch angesehene Anträge stellt und deren Anträge zudem eine sehr hohe Erfolgsquote haben. Die AG NUB hat 17 Formulierungsvorschläge online gestellt, wovon 16 NUB den Status 1 erhielten. Einige NUB werden bereits seit Jahren beantragt. Auch für das Antragsverfahren 2023/2024, das am 31. Oktober 2023 endete, hat die AG erneut Formulierungshilfen über die DGVS Webseite zum Download zur Verfügung gestellt.
Aufgrund des großartigen Einsatzes der Autorinnen und Autoren (Bora Akoglu, Jörg Albert, Martin Braun, Thorsten Brechmann, Cornelia Haag, Wolfgang Heinlein, Alexandra Schmidt und Tobias J. Weismüller) ist es gelungen, den Kodierleitfaden 2023 komplett aktualisiert herauszubringen. Die Arbeiten zu einer Aktualisierung für 2024 sind bereits wieder im vollen Gang.
An dieser Stelle möchte ich sehr, sehr herzlich allen Kommissionsmitgliedern in allen AG’s der Kommission für Medizinische Klassifikation und Gesundheitsökonomie und darüber hinaus für ihr Engagement und den uneingeschränkten Einsatz danken. Die Kolleginnen und Kollegen tragen die Arbeit, die gesundheitsökonomische Themen voranbringen, und unterstützen die Weiterentwicklung des Themengebiets für die DGVS und für unser Fach.
Über das Jahr haben wir uns als Fachgesellschaft kontinuierlich mit unterschiedlichen Entscheidungsträgern im Gesundheitsausschuss, im BMG und auf Länderebene ausgetauscht. Über die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) haben wir als DGVS intensiv in den Diskussionen zur Krankenhausstrukturreform mitgewirkt.
Ich möchte alle Mitglieder der DGVS gerne aufrufen, ihre Kontakte in Politik und Behörden ebenfalls für die Sache der Gastroenterologie zu nutzen. Nehmen Sie dazu gerne auch Kontakt mit der Geschäftsstelle der DGVS und mit mir auf. Der enge Schulterschluss mit allen Gastroenterologinnen und Gastroenterologen – an den Krankenhäusern, in den Universitätsklinken und in der niedergelassenen Praxis, ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir gemeinsam die Gastroenterologie für eine sichere Zukunft stark machen.
Unsere gemeinsame Aufgabe ist, die Umstrukturierung des Gesundheitswesens auch in den nächsten Jahren konstruktiv zu begleiten und uns dabei gleichzeitig ohne Abstriche für den Erhalt von Qualität und Innovation einzusetzen. Der über viele Jahre aufgebaute Datenschatz der InEK-Kostendaten des DRG-Projektes ebenso wie die Leitlinien der DGVS sind dafür eine wichtige Grundlage.
Auch wenn es sich abzeichnet, dass die Strukturen für das Erbringen von Gesundheitsleistungen in Deutschland neu geordnet werden und damit unseren Arbeitsalltag grundsätzlich verändern werden, sind wir gut gerüstet, unser Fachgebiet auf dieser Basis in die Zukunft zu führen.
Ganz besonders danke ich den Vertreterinnen und Vertretern des bng, der ALGK und der AUG für den unermüdlichen und konstruktiven Austausch im vergangenen Jahr, der sehr bereichernd war.
Ich freue mich, dass ich in meinem neuen Vorstandsamt diese Aufgabe auch in den nächsten Jahren übernehmen darf.
Ihr
Jörg Albert
DGVS Vorstand Gesundheitsökonomie
Prof. Dr. med. Birgit Terjung, Vorstand Öffentlichkeitsarbeit
Mit großer Freude habe ich zu Beginn dieses Jahres die Aufgabe übernommen, mich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DGVS einzusetzen. 2023 blicken wir auf 22 Pressemitteilungen zu Neuerungen in Wissenschaft, Forschung und Gesundheitspolitik sowie Ratgeberthemen zurück, haben den monatlichen Newsletter mit den aktuellen News aus der Gastroenterologie an einen Empfängerkreis von mehr als 2000 Pressevertreterinnen und -vertretern verstetigt und eine Jahrespressekonferenz zum Thema Ernährung mit 35 Journalist*innen abgehalten. Die kontinuierliche Kontaktpflege zu Journalisteninnen und Journalisten der Fach- und Publikumsmedien und eine täglich besetzte Pressestelle, die Presse- und Interviewanfragen koordiniert, tragen dazu bei, die Pressearbeit aktiv und lebendig zu gestalten.
Trotz des Medienwandels, der geprägt ist von einem Rückgang der Print-Auflagen und rückläufiger Wissenschaftsberichterstattung nach Covid-19, gelingt es uns, große und konstante Reichweiten zu erzielen. So haben wir durch unsere Aktivitäten bei den Printmedien eine Reichweite von 137 Millionen potentiellen Leserinnen und Lesern und damit eine im Vergleich zum Vorjahr konstante Rate erreicht. Positiv überrascht hat uns die Entwicklung unserer Reichweite über die online Medien. Mit 1,06 Millionen „Page Visits“ freuen wir uns hier über eine Zunahme um 300%! Diverse Berichterstattungen zu unterschiedlichen Themen auf vielbesuchten Portalen (gmx.de, t-online.de, web.de, bild.de) führten in diesem Jahr zu einem enormen Anstieg der Reichweite. Damit setzen wir unsere steigende Präsenz bei Onlinemedien fort – ein großer Erfolg, der belegt, dass die DGVS und ihre Pressestelle immer wieder gesellschaftsrelevante Themen platzieren.
Zu den reichweitenstärksten Pressemitteilungen zählte der „Veganuary“, „Zuckerersatz zum Osterfest“ und „Steigende Temperaturen – mehr lebensmittelbedingte Infekte“. Mit Ratgeberthemen erreichen wir ein breites Publikum, was nicht verwundert, da Magen- und Darmkrankheiten jeden treffen. Zu den reichweitenstärksten Printmedien, in denen wir vertreten waren, gehörte die Apotheken-Umschau, die FAZ, die Süddeutsche und die Berliner Zeitung. Inspirierend und auch von großer Reichweite begleitet waren Fernsehauftritte im ZDF oder im ARD-Morgenmagazin oder aber Hörfunkbeiträge im Deutschlandfunk oder im RBB. Dass auch Nachrichtenagenturen wie DPA oder APA unsere Inhalte regelmäßig aufgreifen, zeigt, dass wir die Relevanz unserer Inhalte vermitteln können.
Der regelmäßige und gute Kontakt zu den Medienvertretern zum Beispiel über den monatlichen Pressenewsletter hat allein 2023 zu mehr als 50 Medienanfragen geführt, die es der DGVS ermöglichen, Themen zu setzen und kompetent einzuordnen.
Ein besonderes Anliegen war mir in diesem Jahr die Pressekonferenz unter dem Motto „Gastroenterologische Krankheiten: Was hilft die beste Pille bei der falschen Ernährung?“ Anlassbezogene Medienarbeit wie die Jahres-Pressekonferenz ist aus unserer Sicht wichtig, um Journalistinnen und Journalisten die Themen-Vielfalt der DGVS zu präsentieren und über die Expertinnen und Experten aus unseren Reihen die hohe gastroenterologische Expertise sichtbar zu machen. Aus unserer diesjährigen Pressekonferenz folgte eine Berichterstattung von ca. 35 teilnehmenden Journalistinnen und Journalisten, so zum Beispiel beim Ärztlichen Nachrichtendienst, der Ärztezeitung und im Ärzteblatt.
Die Ernährungsmedizin ist essenzieller Bestandteil gastroenterologischer Behandlungskonzepte und relevant für eine Vielzahl von Patienten – zum Beispiel für Patienten mit Krebserkrankungen, chronisch-entzündlichen Darm- oder Lebererkrankungen. Dazu kommt, dass in Deutschland über drei Millionen Menschen mangelernährt sind. Wir werden dieses Thema zu einem Schwerpunktthema der DGVS der nächsten drei Jahre machen – eine Aufgabe, die mir übertragen wurde. In einem ersten Workshop Ernährungsmedizin im Juli 2023 haben wir uns mit Vertreterinnen und Vertretern der JUGA, niedergelassen Kolleginnen und Kollegen und Ernährungsmedizinerinnen getroffen, um darüber zu diskutieren, wie die Ernährungsmedizin in der Gastroenterologie gestärkt werden kann. Wichtige Ziele sind, künftig Nachwuchs für dieses Thema zu gewinnen und parallel ausreichende Weiterbildungsmöglichkeiten und -kompetenzen sicherzustellen.
Auch unser neues Medium sorgt für Aufmerksamkeit. Seit einem Jahr gibt es unseren Podcast Gastro Geplauder mit inzwischen weit mehr als 50 Folgen und weit mehr als 100.000 Streams. Petra Lynen und Heiner Wedemeyer diskutieren mit ihren Gästen über Versorgungsthemen, Leitlinien, aktuelle Publikationen. Spannend und unterhaltsam sind auch die endoskopischen Themen, über die Thomas Rösch mit seinen Experten plaudert – diese Mischung kommt gut an und bereitet auch den Hosts Freude! Hören Sie rein, Gastro Geplauder erscheint immer donnerstags bei Spotify, Apple Podcast, Amazon Music und auf unserer Webseite.
Mein Fazit nach einem Jahr Öffentlichkeitsarbeit: Dank der Unterstützung vieler Expertinnen und Experten, die für Pressemitteilungen und journalistische Anfragen jederzeit und kurzfristig zur Verfügung stehen, konnten wir die Präsenz insbesondere in den digitalen Medien deutlich steigern. Unser regelmäßiger und guter Kontakt zu den Medienvertreterinnen und -vertretern hat sich bewährt. Medial besonders relevant sind Themen, die wissenschaftlich neu oder/und „nah“ am Patienten sind – sie ermöglichen der DGVS, auch bei berufs- und gesundheitspolitischen Themen Gehör zu finden. Dies gelingt nicht zuletzt durch die professionelle Unterstützung durch das Thieme-Presseteam mit Frau Wetzstein und Herrn Mehdorn unter der Leitung von Frau Döbler.
Die breit aufgestellte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit werden wir fortsetzen und dabei versuchen, allen Gebieten der Gastroenterologie eine Plattform zu bieten.
Sie alle sind Hüter vielfältiger spannender Themen und Ideen zur Verbesserung der Versorgung oder aktueller wissenschaftlicher Publikationen, die es wert sind, sich für eine breite Veröffentlichung einzusetzen. Ich möchte Sie alle herzlich dazu einladen, an der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mitzuarbeiten.
Ihre
Birgit Terjung
DGVS Vorstand Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Prof. Dr. med. Ulrike Denzer, Vorstand Leitlinien und Stellungnahmen
Die DGVS ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, die Leitlinien der DGVS sind unser Fundament. Das Ressort Leitlinien, dass ich zu Beginn des Jahres übernommen habe, verfügt über ein Leitlinienportfolio von 30 hochwertigen und evidenzbasierten Leitlinien und deckt darüber nahezu das gesamte Gebiet der Gastroenterologie ab. Unsere Leitlinien werden in einem aufwendigen Prozess jährlich überprüft und bei Bedarf aktualisiert. Auch in diesem Jahr können wir auf eine große Zahl an Leitlinienpublikationen zurückblicken.
Aktualisierungen 2023
• Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis (S2k): H. Koop (Berlin), A. Madisch (Frankfurt am Main)
• Colitis ulcerosa (S3): A. Dignaß (Frankfurt am Main), T. Kucharzik (Lüneburg)
• Morbus Crohn (S3): A. Stallmach (Jena), A. Sturm (Berlin)
• Betreuung von Patienten mit chronisch–entzündlichen Darmerkrankungen in Bezug auf COVID-19 (Addendum | S1)): C. Schmidt (Fulda)
• Hepatitis B und D (Addendum | S3): M. Cornberg (Hannover), L. Sandmann (Hannover)
• Gastrointestinale Infektionen (S2k): M. M. Addo (Hamburg), A. W. Lohse (Hamburg), A. Stallmach (Jena)
• Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie (S3). A. Riphaus (Frankfurt am Main), T. Wehrmann (Wiesbaden)
• Ösophaguskarzinom v3.1 & v4.0 (S3): M. Ebert (Mannheim), R. Porschen (Osterholz)
• Hepatozelluläres Karzinom und biliäre Karzinome v4.0 (S3): M. Bitzer (Tübingen), P. Galle (Mainz), N. P. Malek (Tübingen), S. Groß (Tübingen)
• Exokrines Pankreaskarzinom v3.01 (S3): J. Mayerle (München), T. Seufferlein (Ulm)
Die Leitlinienarbeit bedeutet nach wie vor einen hohen Ressourcenaufwand, der ohne die ehrenamtliche Unterstützung unserer Kolleginnen und Kollegen und der guten Vernetzung und Zusammenarbeit mit den beteiligten Fachgesellschaften nicht zu stemmen wäre. Das DGVS Büro trägt dazu bei, indem es die Leitlinienentwicklung strukturiert, methodisch unterstützt und organisiert. Ich persönlich habe mir das Ziel gesetzt, unsere Leitlinien zukünftig noch sichtbarer zu machen. Hier liegt der Fokus insbesondere auf mehr englischen Übersetzungen, was wir in diesem Jahr bereits erfolgreich umsetzen konnten.
Englische Übersetzungen 2023
• Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit (S2k): W. Fischbach (Aschaffenburg), C. Schulz (München)
• Hepatitis B und D (Addendum | S3): M. Cornberg (Hannover), L. Sandmann (Hannover)
• Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie (S3). A. Riphaus (Frankfurt am Main), T. Wehrmann (Wiesbaden)
• Ösophaguskarzinom v3.1 & v4.0 (S3): M. Ebert (Mannheim), R. Porschen (Osterholz) (eingereicht)
Darüber hinaus erwarten wir in den nächsten Monaten die Aktualisierung der Leitlinien Lebertransplantation, Seltene Lebererkrankungen und Qualitätsanforderungen in der Endoskopie. Die Leitlinie Qualitätsanforderungen in der Endoskopie, die ich selbst koordinieren darf, wird erstmals ein Kapitel zur Strukturanforderungen in der Sektorenübergreifenden Versorgung enthalten, um dadurch eine qualitätsgetriebene Umstrukturierung der Versorgung sicherzustellen.
Sehr zu begrüßen ist, dass die Leitlinienarbeit inzwischen über den Innovationsfonds gefördert wird. Die DGVS ist hier an mehreren Projekten beteiligt, federführend an dem Projekt LeiSeLebEr, der Leitlinie zu seltenen Lebererkrankungen. Darüber hinaus werden alle onkologischen Leitlinien der DGVS über das onkologische Leitlinienprogramm gefördert.
Zur besseren Verbreitung der Leitlinien werden unsere Leitlinien regelmäßig über den DGVS-eigenen Podcast Gastro Geplauder verbreitet. Außerdem wurde 2023 das Amboss Leitlinien Telegramm verstetigt, das inzwischen von mehr als 10.000 Usern genutzt wird.
Erste Ergebnisse einer Umfrage mit mehr als 600 Teilnehmenden hat gezeigt, dass mehr als 90% die DGVS-Leitlinienqualität als gut bis sehr gut einschätzen. Leitlinien werden laut Umfrage auch als aktueller empfunden als alle anderen Evidenzquellen, trotz des oft langwierigen Aktualisierungsprozesses. Doch nur 50% sind zufrieden mit dem Aufbau und dem Umfang der Leitlinien, 80% nutzen die Leitlinien am PC, die Papierform ist „out“. Diese Ergebnisse bestätigen uns in unseren laufenden Anstrengungen, die digitale Verfügbarkeit und damit die Nutzung und Implementierung der Leitlinien für den medizinischen Alltag zu verbessern. Für das nächste Jahr haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Leitlinien webbasiert und auf allen Endgeräten gut nutzbar zur Verfügung zu stellen. Bereits in diesem Jahr haben wir den Leitlinienbereich auf unserer Homepage deutlich aufgewertet. Die Leitlinien sind mit einem Klick erreichbar und wir haben eine eigene Startseite mit den wichtigsten Leitliniennews eingerichtet. Wenn Sie noch gezielter über unsere Leitlinienaktivitäten informiert werden möchten, stellen wir Ihnen darüber hinaus einen eigenen Leitliniennewsletter zur Verfügung.
Die DGVS Leitlinien Akademie, mit der wir unseren wissenschaftlichen Nachwuchs für die Leitlinienarbeit begeistern und methodisch vorbereiten wollen, haben wir im Mai 2023 verstetigt. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Torsten Kucharzik (Lüneburg), Petra Lynen Jansen (Berlin), Thomas Seufferlein (Ulm), Britta Siegmund (Berlin) und Andreas Stallmach (Jena) trafen sich 25 junge Kolleginnen und Kollegen aus fast allen Bundesländern und fast allen Universitätskliniken Deutschlands. Neben dem interdisziplinären Austausch und spannenden Diskussionen konnten wichtige inhaltliche Aspekte vermittelt werden. Absolventen der DGVS Leitlinien Akademie werden regelmäßig in die praktische Leitlinienarbeit integriert. Dies geschieht in enger Abstimmung mit unseren JUGAs. Wir freuen uns, dass die DGVS Leitlinien Akademie so positiv angenommen wird und werden dieses Format als festen Bestandteil der DGVS-Leitlinienarbeit etablieren.
Um bestehende Versorgungstrukturen an die wissenschaftlichen Erkenntnisse unseres Fachgebietes anzupassen, setzen wir uns nach wie vor über politische Stellungnahmen für die Gastroenterologie ein. 2023 haben wir mehr als 40 Stellungnahmen mit der Unterstützung unserer Expertinnen und Experten formuliert, eine Steigerung von fast 40% im Vergleich zu 2022. Darunter fielen zum Beispiel 10 Verfahren zur frühen Nutzenbewertungen (u.a. Upadacitinip, Durvalumab, Dupilumab). Dazu kamen mehr als 10 Beratungsverfahren des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) zur Vergleichstherapie und 5 Richtlinienverfahren, zuletzt das Verfahren zur neuen Richtlinie Post-Covid.
In Anbetracht der anstehenden Reformen im Gesundheitswesen ist unsere Aufgabe als wissenschaftliche Fachgesellschaft, für eine qualitätsgesicherte Versorgung einzustehen. Dies schaffen wir mit unseren Leitlinien, deren Qualitätsdefinitionen zum Beispiel bei der Ausgestaltung von Leistungsgruppen oder bei der Definition von Strukturvoraussetzungen in der sektorenübergreifenden Versorgung Berücksichtigung finden. Mit den Leitlinien schlagen wir die Brücke zwischen unserem wissenschaftlichen Anspruch und dessen Implementierung in den klinischen Alltag.
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich herzlich danken, dass Sie uns bei dieser Arbeit trotz des hohen Aufwandes kontinuierlich unterstützen.
Ihre
Ulrike Denzer
DGVS Vorstand Leitlinien und Stellungnahmen
Dr. med. Peter Buggisch, Vorstand Fort- und Weiterbildung
Das umfangreiche DGVS Fortbildungsprogramm wurde auch 2023 rege gebucht. Der inzwischen gewohnte Mix aus Online- und Präsenzseminaren fand bei den mehr als 950 Teilnehmenden regen Anklang.
Ein großer Dank gilt den wissenschaftlichen Leitungen und den Referierenden für ihr außerordentliches Engagement! Die Mitglieder der DGVS Teaching Faculty finden Sie in dieser Ausgabe der Zeitschrift für Gastroenterologie und auf der DGVS Webseite.
Die meisten Landesärztekammern haben ihre Weiterbildungsordnungen inzwischen an die Musterweiterbildungsordnung (MWBO) adaptiert. Zögerlich gelingt bisher der Einsatz des digitalen Logbuches. Die Hoffnung durch die Einführung mehr Kommunikation zu erreichen hat sich eher ins Gegenteil verkehrt. Auch die Anpassung der Befugnis Kriterien gestalten sich weiter problematisch
Im Rahmen der Krankenhausstrukturreform werden neue Weiterbildungskonzepte immer dringender, um den bestehenden Fachkräftemangel durch fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten und Verunsicherung der Weiterzubildenden nicht noch zu verstärken. Für die sektorenübergreifende Weiterbildung sind Kooperationen nötig und auch gewünscht, werden aber nicht finanziert. Auch die Einführung der Leistungsgruppen mit einer neuen Zuordnung von Leistungen zu den Krankenhäusern macht neue Konzepte, insbesondere Rotationen erforderlich. Eine Anpassung der Musterweiterbildungsordnung ist denkbar, diskutiert wird in der Ständigen Kommission der Bundesärztekammer aktuell vornehmlich eine Anpassung an europäische Vorgaben.
Die Initiative der Deutschen Gesellschaft für Innere- und Notfallmedizin (DGIIN), einen neuen Facharzt bzw. Fachärztin für Intensiv- und Notfallmedizin in der Inneren Medizin zu entwickeln, nimmt Formen an. Ein erster Entwurf für ein Curriculum liegt der DGVS vor. Hier überwiegt aus unserer Sicht die Chance, den für viele Krankheitsbilder der Inneren Medizin so wichtigen Bereich der Intensiv- und Notfallversorgung zu stärken gegenüber dem Risiko, dass es zu einer weiteren Verteilung Gastroenterologie-assoziierter Themen kommt. Hier arbeiten wir daran, bei den geforderten Qualifikationen Augenmaß zu behalten und erfüllbare Rahmenbedingungen zu schaffen.
Es wird eine wichtige Aufgabe der Weiterbildungskommission in den nächsten drei Jahren sein, sich zu diesen Themen zu positionieren und die gastroenterologische Weiterbildung sicherzustellen und attraktiv zu halten.
Ihr
Peter Buggisch
DGVS Vorstand Fort- und Weiterbildung