Wo hast du deine Weiterbildung gemacht und wie hast du deine Weiterbildungszeit empfunden?
Ich habe mich für eine Laufbahn an einer Uniklinik entschieden. Zum einen wegen meines Interesses an Forschung, zum anderen aber auch wegen der vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten. In Aachen haben wir zum Beispiel alle Bereiche der Gastroenterologie unter einem Dach, sodass ich die gesamte Bandbreite der Gastroenterologie von Normalstation über gastroenterologische Intensivstation, interdisziplinäre Notaufnahme, verschiedene Ambulanzen bis hin zur Sonographie und interdisziplinären Endoskopie erkunden durfte. Insgesamt habe ich in meiner Weiterbildungszeit viel sehen und machen dürfen.
Zuerst Facharztweiterbildung Innere Medizin oder sofort Facharzt Innere Medizin und Gastroenterologie – wofür hast du dich entschieden und weshalb?
Für beide Wege gibt es gute Gründe. Ich habe zuerst den Facharzt für Innere Medizin absolviert und dann die Weiterbildung in der Gastroenterologie. Für mich persönlich war das sinnvoll, da ich das umfangreiche Spektrum der Inneren Medizin schätze. Und gerade die Gastroenterologie ist das Fach, das sich mit den meisten inneren Organen befasst und viele Schnittstellen zu anderen Disziplinen bietet. Außerdem hat mich die Notfall- und Intensivmedizin schon früh interessiert und auch dafür war es förderlich erst Internist zu werden. Die längere Weiterbildungszeit von acht Jahren bei der Kombination beider Facharztweiterbildungen bietet neben größerer Flexibilität der Rotationsreihenfolge auch die Chance, in mehreren Bereichen zu rotieren.
Hast du dich an der Lehre für Studierende beteiligt und wenn ja, wie?
Tatsächlich war ich schon an meinem ersten Arbeitstag unerwartet Dozent eines Untersuchungskurses. Ich habe mir dann spontan überlegt, was aus Studierendenperspektive hilfreich wäre und habe den Kurs entsprechend konzipiert. Seither frage ich zu Beginn individuelle Lernziele ab. Dabei ist mir wichtig, dass die Studierenden sich in einer lockeren Atmosphäre wohl fühlen, damit sich alle aktiv einbringen. So gelingt es besser, gemeinsam auf Augenhöhe auch die anderen Facetten, die zur guten Ausübung des Arztberufes gehören, zu diskutieren. Daher lege ich nicht nur Wert auf die korrekte Anwendung von Fachwissen, sondern auch auf kommunikatives Verhalten und „bedside manner“. Arbeiten Studierende längere Zeit mit mir zusammen, nutze ich verschiedene klinische Situationen für die Lehre. Denn der Alltag bietet unzählige Gelegenheiten: Jeder Patientenkontakt ist auf kommunikativer Ebene einzigartig, jeder Fall auf inhaltlicher Ebene eine Möglichkeit für Wissenszuwachs. Die Gastroenterologie bietet auch viele Möglichkeiten des „hands-on teaching“. Dabei gilt bei praktischen Fertigkeiten für mich das Motto „see one, do one, teach one“: Unter Anleitung wird eine Prozedur erklärt, bei der nächsten Gelegenheit unter Supervision selbst ausgeführt und schließlich von Studierenden den Mitstudierenden vermittelt. Am Ende sollte Lehre für alle Beteiligten von Wertschätzung geprägt sein und Spaß machen. Genauso wie im späteren „echten“ Alltag.
Wie sieht eine gute Weiterbildung aus? Was kann man selber dafür tun?
Eine allgemeingültige Antwort gibt es aus meiner Sicht nicht. Idealerweise gibt es in jeder Rotation mit dem jeweiligen Weiterbilder ein Onboarding, bei dem auch die gegenseitigen Erwartungen besprochen werden. Die Weiterbildungsgespräche mit den Chefs sollten neben den Inhalten des Weiterbildungskatalogs auch individuelle Ziele der Weiterzubildenden beleuchten. Was vielfach fehlt sind strukturierte und verbindliche Programme, die eine qualitativ hochwertige Weiterbildung gewährleisten. Dadurch ist die Qualität der Weiterbildung manchmal Zufällen überlassen. Dabei kann sich jeder lokal für eine bessere Weiterbildung einsetzen: In der Weiterbildungsphase durch Kommunikation der eigenen Wünsche und Vorbereitung der Begegnungen mit dem Weiterbilder. Und als Weiterbilder durch Strukturierung und dem Angebot von Reflektionsgesprächen. Zum Beispiel können rotationsspezifische Leitfäden helfen, die Lernziele klar zu formulieren, Handlungsempfehlungen zur Orientierung beim Einstieg zu geben und gleichzeitig die Versorgungsqualität sicherzustellen. Am Ende gehören zu einer guten Weiterbildung beide Seiten, die miteinander im Austausch stehen sollten.
Was sollte sich in der Weiterbildung für Gastroenterologie ändern?
Die Ergebnisse der JUGA-Weiterbildungsumfrage zeigen Handlungsfelder auf. Schön wäre, wenn diese – genauso wie vergleichbare Ergebnisse aus anderen Disziplinen – von Entscheidungsträgern adressiert werden. In den bevorstehenden politischen Reformen wurde die Verbesserung der Weiterbildung nicht ausreichend berücksichtigt. Beispielsweise erhalten Weiterbilder anders als in anderen Ländern – sowohl stationär als auch ambulant – keine Vergütung für die Weiterbildung. Die Weiterbildung muss also „nebenher funktionieren“. Angesichts der zunehmenden Ambulantisierung stehen wir vor nun weiteren Herausforderungen. Gemeinsam mit der DGVS können wir Konzepte einer hochwertigen und sektorenübergreifenden Weiterbildung ausarbeiten. Und auch wenn nicht alles von „der Politik“ übernommen wird, können solche Konzepte regional zu einer besseren Weiterbildung beitragen. Zum Beispiel würde eine regionale Kooperation von Unikliniken, Krankenhäusern und Praxen mit einem Rotationsprogramm für Weiterzubildende nicht nur die Weiterbildung, sondern auch die intersektorale Zusammenarbeit stärken.
@ 2023
Ein Interview von Carola Fleischmann und Marcus Hollenbach